Halbzeit!

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«Sind Eure Stadtratssitzungen nicht stinklangweilig?», fragte mich ein Freund kürzlich. Die Stadtratsbeschlüsse, die jeweils im Liestal Aktuell abgedruckt sind, kämen dermassen trocken daher. In der Tat zeigen diese Beschlüsse das Ergebnis unserer Debatten in reinstem Juristendeutsch. Dahinter steckt aber weitaus mehr. Die Fragestellungen und Themen sind für mich spannend und so vielseitig wie die Menschen, die hier in Liestal leben. Daher sind die ersten beiden Jahre der Legislatur 2020-2024 rasch verfolgen. Halbzeit also und damit ein guter Zeitpunkt sich ein paar übergeordnete Gedanken über die Entwicklung von Liestal zu machen.  

In Liestal wurde in den letzten Jahren stark gebaut. Das hält auch in Zukunft an. Man sieht Krane, wohin das Auge reicht. Grösstes Bauwerk ist zweifelsohne der SBB-Vierspurausbau, der uns seit 2019 begleitet. Die Verkehrseinschränkungen haben zwar inzwischen stark abgenommen. Der Lärm und Dreck bleiben uns noch einige Jahre erhalten. Zudem wurden in den letzten Jahren 900 Wohnungen gebaut und 900 weitere folgen. Ist das nicht zu viel? Sollte man hier nicht bremsen?

Und dann war da noch die Pandemie. Sie war nicht nur gesellschaftlich ein riesiger Einschnitt. Sie beschleunigte aber auch einen weiteren Trend: Die Verlagerung des Konsums ins Internet. Dies hat auch Auswirkungen auf den stationären Detailhandel sowie die Gastronomie. Waren und Essen werden häufiger via Internet nach Hause bestellt. Ein Trend, der auch vor den Unternehmen im Stedtli nicht Halt macht und Umsätze purzeln lässt. Müsste man daher nicht wieder Autos in die Rathausstrasse einfahren lassen?

Selbstredend, diese Trends und die weiteren globalen Entwicklungen sind aktuell mehr als ungemütlich. Deren Auswirkungen lassen sich auch in Liestal nicht verhindern. Wir können nicht einfach das Internet abstellen und den Onlinehandel verbieten. Die Bevölkerung wächst, weil es attraktiv ist, hier zu wohnen. Das zeigt auch das diesjährige Städteranking in der «Bilanz». Ergo wird mehr Wohnraum gebaut. Auch die SBB werden ihr Projekt nicht einfach auf Eis legen. Die Kapazität der Bahnlinie ist bereits jetzt am Anschlag.

Das Rad der Zeit zurückzudrehen liegt auch nicht in der Macht des Stadtrats. Aber es ist klar unsere Aufgabe, die Chancen zu erkennen, welche jede Entwicklung mit sich bringt. Und es ist auch unsere Aufgabe solche Chancen zu nutzen, um Liestal weiter voranzubringen.

So lassen wir parallel zum Vierspurausbau städtische Projekte erstellen, wie die Velostege und die Velostation. Wir haben stark darauf gewirkt, dass neben dem Ausbau der Schieneninfrastruktur endlich neue Bahnhofsgebäude kommen und von dort positive Impulse für Liestal ausgehen können.

Wir haben in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, die Aufenthaltsqualität im Stedtli zu fördern und einen Beitrag zu leisten, dass mehr Leute unser einzigartiges Einkaufszentrum besuchen, statt ihre Ware zu Hause zu bestellen. Wir sind uns aber bewusst, dass es noch mehr zu tun gibt. Daher wollen wir im Projekt «Stedtli 2030» gemeinsam mit dem Gewerbe weitere Potentiale unseres «Einkaufszentrums Stedtli» aktivieren.

Aber auch aus dem weiteren Bevölkerungswachstum ergeben sich Chancen. So schaffen wir es vielleicht endlich aus der heute miefigen Allee einen echten Stadtpark zu schaffen. Dank der Beseitigung des architektonisch aus der Zeit gefallenen Postgebäudes kann der Orisbach verschoben, ausgedohlt und verbreitert werden. Ich sehe schon die zahlreichen Kinder, die dort spielen während ihre Eltern an einer hippen Buvette einen Kaffee trinken oder rasch Einkäufe im Stedtli erledigen. Auch sehe ich, dass Bahnhof und Rheinstrasse über die beiden Quartierpläne «am Orisbach» und «Lüdin» besser an die Altstadt angebunden werden. Und ich sehe zentral gelegene, attraktive Wohnungen, die sich bestens ins Stadtbild einpassen.

Ich hoffe für Liestal, dass weitere positive Chancen gepackt werden, um unsere schöne Heimatstadt weiter voranzubringen. Sei es noch in dieser oder den folgenden Legislaturen.

Daniel Spinnler
Stadtpräsident
Departementsvorsteher Finanzen und Einwohnerdienste